Wusstet ihr, dass in Brasilien eine Fläche so groß wie Deutschland für den Anbau von Soja als Tierfutter genutzt wird?
Oder wusstet ihr, dass alle 2,5 Tage ein Mensch in Brasilien an den Folgen des Pestizideinsatzes der Landwirtschaftsindustrie stirbt?
Und wusstet ihr, dass von Januar bis März bereits 800 km² Wald verloren gegangen sind, was einer Fläche von 100.000 Fußballfeldern bzw. etwa einem Drittel der Größe des Saarlandes entspricht? Das sind 51% mehr als im Vorjahr!
Genau deshalb sind wir hier, FridaysforFutureHeidelberg, um gegen das EU-Freihandelsabkommen  Mercosur zu protestieren.  
Doch was genau bedeutet dieses Abkommen? Mercorsur steht für die Vorantreibung der schon viel zu lange anhaltenden Vernichtung des Amazonas, der grünen Lunge unserer Erde. Durch gesenkte Einfuhrzölle in die EU soll die südamerikanische Landwirtschaft weiter angekurbelt werden. Diese Zölle gelten bisher für Agrarprodukte,also Rindfleisch, Geflügel, Zucker und Ethanol. Genau für diese Produkte wird der Regenwald in Brasilien (auch) illegal abgeholzt. Die brasilianische Regierung baut Kontrollmechanismen ab und senkt Strafen für die Umweltvergehen.
Gleichzeitig sollen im Abkommen Zölle auf Produkte wie Autos, Maschinen und Chemieprodukte für die Landwirtschaft gesenkt werden. 
Wer profitiert also vom Mercorsur-Abkommen? Europäische Unternehmen, denen der wirtschaftliche Profit wichtiger ist als nachhaltige Produktion und den Schutz unseres Planetens, und die südamerikanische Landwirtschaftsindustrie, die die Abholzung des Regenwaldes gezielt forciert.
Doch der Regenwald ist unersetzlich für das globale Klima. Die Regenfälle im Zentrum und Süden Brasiliens, in Paraguay, Uruguay und Nord-Argentinien sind direkt von ihm abhängig, da er ein wesentlicher Bestandteil des Wasserkreislaufs ist.
Wissenschaftler:innen schätzen, dass bei einer Abholzung von 20-25% ein Kipppunkt erreicht sein wird, bei dem der Regenwald nicht mehr genug Regen generieren kann, um sich selbst zu erhalten. Passiert das, wird der Regenwald zu einer Trockensavane werden. Sechs Millionen Quadratkilometer, das ist mehr als die Fläche der EU, verwandelt in eine Wüste, wo heute noch eine riesige Artenvielfalt zu finden ist! 
Im Jahr 2018 hat die Weltgemeinschaft 32,5 Milliarden Tonnen CO2 ausgestoßen, was zu schleichenden Veränderungen, aber auch verheerenden Katastrophen führt. In dem Jahr, in dem der Regenwald komplett von der Erde verschwunden jst, wird er die gespeicherten 90 bis 140 Milliarden Tonnen CO2 in die Atmosphäre freigelassen haben. Welche Auswirkung werden sie wohl haben? 
Der Kippunkt, welcher über Existenz oder  den Fall des Amazonas entscheidet, rast auf uns zu. Mittlerweile ist der Regenwald zu 17% abgeholzt, und wir können es uns nicht leisten, ihn bei 20-25% zu verlieren.
Es gibt keine gemütliche Zukunft, wenn wir die Zerstörung unserer grünen Lunge zulassen. Aber schon jetzt in der Gegenwart haben indigene Völker im Amazonas es nicht gemütlich, denn ihre Menschenrechte werden mit Füßen getreten. Die illegale Rodung, welche von der Regierung befürwortet wird, geschieht auch in ihren Territorien, wodurch ihre Lebensgrundlage zerstört wird. Mit jedem gefällten Baum stirbt ein Stück Lebensraum, die Grundlage für Essen, Trinken, Leben und Luft zum Atmen. Und genau dort wüteten im Juli diesen Jahres 77% mehr Brandherde als im Vorjahr. Unkontaktierte Völker sehen sich der Bedrohung durch gewalttätigen Überfällen, Vertreibung, Ausbeutung und eingeschleppten Krankheiten ausgesetzt, was ihre Existenz auslöschen könnte. Und das obwohl Studien zufolgindigeneVölker durch ihr Wissen über Tiere und Pflanzen in den jeweiligen Gebieten den besten Schutz gegen die Rodung des Regenwaldes darstellen.
Die Bedrohung indigener Völker geschieht aber nicht nur durch Gruppen von Holzfäller:innen oder Goldgräber:innen, sondern auch im Namen des Naturschutzes. Es kann nicht sein, dass indigene Völker unter dem Vorwand Naturschutzgebiete zu errichten, vertrieben, bedroht und körperlich misshandelt werden. Deshalb müssen wir auch eine „grüne“ Form des Kolonialismus stoppen.
Wenn das derzeitige System, das den Boden für Rassismus, den Kapitalismus, den Kolonialismus und das Patriarchat nährt, dazu führt, dass die Menschen, die am wenigsten für den Klimawandel können, zuerst und am stärksten darunterleiden, müssen wir dann nicht das System ändern?
Wir protestieren gegen das EU-Mercosurabkommen und für dessen Zerschlagung. Wir fordern den Schutz der indigenen Völker der Welt, die überall ihrer Menschenwürde beraubt werden. Sie sind es, die Naturschutz leben. Der Regenwald brennt. Im Namen aller, die ihn nicht als Wüste erleben wollen, protestieren wir.
Anmerkung: Die Rede wurde anlässlich einer Demonstration am 28.07.2020 von Leon Fordinal und Eva Töx gehalten.

 


ENGLISH
Did you know that in Brazil an area the size of Germany is used for growing soy as animal feed?
Or did you know that every 2.5 days, one person in Brazil dies due to the effects of pesticides used in the agricultural industry? And did you know that between January and March, around 800 km² of forest were cut down, which equates to an area of 100,000 soccer fields or about a third the size of the Saarland? That’s 51% more than last year! This is exactly the reason why we, Fridays for Future Heidelberg, are here: to protest against the EU-Mercosur Trade Agreement.
But what exactly does this Agreement say? It contains the way too long-lasting destruction of the Amazon, the green lung of our planet. By lowering import duties to the European Union it is planned to boost the economy in South America. These import duties have so far been applied to agricultural products, i.e. beef, poultry, sugar and ethanol. In order to produce in particular these commodoties, the rainforest in Brazil is (also) illegally cleared. The Brazilian government is dismantling control mechanisms and reducing penalties for environmental offenses. 
At the same time, the agreement aims to reduce duties on products such as cars, machines and chemical products for agricultural usage. So who is going to profit from the Mercosur-Agreement? European companies, which prioritize economic profit over sustainable production and the protection of our planet and the farming industry of Latin America, which actively speed up deforestation.
But for the rainforest is irreplaceable for our global climate. It drives the rainfalls in central and southern Brazil, in Paraguay, Uruguay and northern Argentina, serving as an essential part of the water cycle. Scientists estimate that with a deforestation of 20-25% a tipping point will be reached at which the rainforest can no longer generate enough rain to sustain itself. If this happens , the rainforest will end up as a dry savanna. Six million square kilometers, that’s more than the area of the EU, transformed into a desert, where a huge biodiversity can still be found today! In 2018, the global community emitted 32.5 billion tons of CO2, leading to creeping changes but also to devastating disasters. The year in which the rainforest will have diappeared completely, it will have released 90 to 140 billion tons of CO2 to the atmosphere. What effect will this have? The tipping point, which decides on the existence or the fall of the Amazon, is racing towards us. We have already lost 17% of the rainforest and we can not afford to lose 20-25%.
There will be no comfortable future if we tolerate the destruction of our green lung. But even today, indigenous people are not living comfortably, since their human rights are violated. The illegal uprooting, which is supported by the Brazilian government, is happening in indigenous territories as well. This destroys their livelihoods. Whenever a tree is cut, a part of their territory dies and with no territory there is no living space, no food to eat and no air to breath.
In July this year, the amount of hotspots burning down indigenous territories increased by 77%. Uncontacted tribes face the threat of violent assault, displacement, exploitation and imported diseases that could wipe out their very existence. This is happening, although studies suggest that indigenous people are the best protection against the deforestation, due to their knowledge of the animals and plants in the region. The threat to indigenous peoples does not only come from groups of lumberjacks or gold diggers, but also in the name of environmental protection. How is it possible that indigenous peoples are being expelled, threatened and physically abused under the pretext of building wildlife sanctuaries? This is why we have to stop a „green“ version of colonialism, as well.
If the current system, which sows the seeds for racism, capitalism, colonialism and patriarchy, results in indigenous people suffering first and most from climate change, although they are the least responsible for it, should we not change the system?
We protest against the EU-Mercosur-Trade-Agreement and for its dismantling. We demand the protection of the indigenous peoples of the world, who are undignified. They are the ones who live nature conservation. The rainforest is on fire. We protest on behalf of everyone who does not want to experience it as a desert.
This speech was held by Leon Fordinal and Eva Töx at the demonstration on 28.07.2020.
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