Am 11. Mai ist die nächste Aktionär*innenversammlung von Heidelberg Materials (früher HeidelbergCement). Heidelberg Materials ist das zweitklimaschädlichste Unternehmen Deutschlands, verstößt massiv gegen Völkerrecht und missachtet Menschenrechte.
Wir protestieren dagegen, mit einer Kundgebung und einer Demo.

  1. Warum streiken wir?
  2. Programm
  3. Route
  4. Blöcke
  5. Reden
  6. Mithelfen
  7. Problematische Punkte von HDM

1. Warum streiken wir?

Heidelberg Materials ist der zweitklimaschädlichste Konzern Deutschlands. Darüber hinaus verletzt der Konzern durch seine Tochterunternehmen in mehreren Ländern Menschenrechte und verstößt gegen Völkerrecht. Falls du mehr darüber wissen möchtest, stehen weiter unten genaue Informationen zu den Problemen.

Betroffene protestieren schon lange gegen den Konzern. Am 11. Mai ist in Heidelberg die Aktionär*innenversammlung von Heidelberg Materials. Wir möchten an dem Tag deutlich machen, dass wir solidarisch mit den Betroffenen kämpfen – gegen Menschenrechtsverletzungen, Völkerrechtsbrüche und Klima- und Umweltzerstörung durch Heidelberg Materials!

2. Programm

Kundgebung

Ab 9:00 Uhr vor dem SNP dome

Demo

14:30 Uhr vom Hauptbahnhof zum SNP dome

3. Route

4. Blöcke

5. Reden

6. Mithelfen

Auch für diese Demo brauchen wir wieder Ordner*innen. Du bist mindestens 18 Jahre alt und kannst am 11. Mai für eine kurze Einweisung schon um 14.10 Uhr da sein? Dann komme in eine der folgenden Gruppen:

Signal Ordner*innen Gruppe
Whatsapp Ordner*innen Gruppe

Über weitere Infos unserer Aktionen am 11. Mai halten wir euch auf dem Laufenden. Folgt uns auch gerne auf unseren Social Media Kanälen, um darüber benachrichtigt zu werden und nichts zu verpassen.

Hier kommt ihr auf die

Im Folgenden stellen wir euch die problematischen Punkte von Heidelberg Materials vor (Ihr könnt euch diese auch zusammengefasst in unser aktuellen Social Media Reihe auf unseren Social Media Kanälen angucken):

I. Westjordanland
II. Togo
III. CO₂ Ausstoß
IV. CCS und CCU
V. Westsahara
VI. Trump
VII. Indonesien
VIII. Alternativen zu Zement

I. Westjordanland

Heidelberg Materials (ehemals HeidelbergCement) betreibt über das Tochterunternehmen Hanson Israel seit 2007 den Steinbruch Nahal Raba. Der Steinbruch liegt im von Israel besetzten Westjordanland, das zu Palästina gehört. Heidelberg Materials ist juristisch gut abgesichert, da Mutter- und Tochterunternehmen getrennte juristische Personen sind. So ist der Mutterkonzern vor Haftung für Völkerrechtsverstöße und Menschenrechtsverletzungen geschützt. [1, 2]

Der dortige Abbau von Ressourcen verstößt gegen Völkerrecht. Der Abbau von Steinen innerhalb der besetzten Gebiete verletzt das Recht der Palästinenser*innen auf Selbstbestimmung und uneingeschränkte Hoheit über natürliche Ressourcen. Die Ressourcen aus dem Steinbruch kommen der israelischen Baubranche und dem israelischen Siedlungsbau in den besetzten Gebieten zugute. Letzteres ist doppelt problematisch, da so die Errichtung und Erweiterung illegaler israelischer Siedlungen auf palästinensischem Gebiet gefördert werden. Dennoch wurden zwischen 2019 und 2021 mindestens 150 Lieferungen von Beton an israelische Siedlungen registriert. [1 – 4]

Im Zusammenhang mit dem Steinbruch werden auch Menschenrechte verletzt. So hat Hanson Israel dazu beigetragen, dass der Zugang der Palästinenser*innen zu Land und Ressourcen durch Israel eingeschränkt wurde. Dies verletzt das Recht der Palästinenser*innen, sich frei zu bewegen. Auch ihr Recht auf Arbeit wird eingeschränkt, da ihnen dadurch, dass sie Land und Ressourcen nicht selber nutzen dürfen, Arbeitsplätze entgehen. Durch Zerstörung der Umwelt wird darüber hinaus das Recht auf Leben und Gesundheit beeinträchtigt. [1]

Heidelberg Materials schreibt: “Im Rahmen einer umfassenden Menschenrechtsrisikoanalyse hat sich HeidelbergCement auch mit einer möglichen Verletzung internationalen Rechts durch die Geschäftstätigkeit im Steinbruch Nahal Raba beschäftigt und ist ebenfalls zu dem eindeutigen Schluss gekommen, dass die Aktivitäten das Völkerrecht nicht verletzten”. [5] Die palästinensische Menschenrechtsorganisation Al-Haq sieht das anders. [1, 6]

Unter öffentlichem Druck gab der Konzern 2019 bekannt, dass sie nach einem Käufer für den Steinbruch suchen. Aktuell ist nach Angaben des Konzerns (Stand Mai 2022) ein Kaufvertrag unterschrieben, aber noch nicht in Kraft getreten. [5] Der Kaufvertrag ist an die Bedingung geknüpft, dass die Abbaugenehmigung verlängert wird und der Steinbruch erweitert werden darf. Somit geht die völkerrechtswidrige Ausbeutung weiter und Heidelberg Materials verdient durch den Verkauf daran. Verschiedene lokale Gruppen (darunter Anwohnerinnen aus palästinensischen Dörfern in der Nähe des Steinbruchs und aus zwei Städten auf israelischem Territorium und verschiedene NGOs) haben Widerspruch gegen die von Hanson Israel beantragte Erweiterung des Steinbruchs geäußert. Außerdem würde die Erweiterung des Steinbruchs den Lebensraum von Wildtieren einschränken und für signifikanten ökologischen Schaden in der Region sorgen. [7] Eine effektive Wiedergutmachung für die Zerstörung und die Ressourcen, die den Palästinenserinnen geraubt wurden, wird von Heidelberg Materials nicht angestrebt. [1, 2]

II. Togo

Ausbeutung, Landgrabbing und Neokolonialismus durch Heidelberg Materials in Togo: Heidelberg Materials betreibt in Togo die drei Tochterunternehmen Cimtogo, Granutogo und Scantogo, die Menschenrechte verletzen, von den vorherrschenden diktatorischen Strukturen profitieren und sie unterstützen.

In den Steinbrüchen werden vor allem Arbeitskräfte aus umliegenden afrikanischen Staaten befristet beschäftigt, sodass das togolesische Arbeitsrecht für sie nicht gilt und sie keinen Arbeitsvertrag bekommen und keine Ansprüche auf den Mindestlohn, Arbeits- und Sozialstandards stellen können. Viele Arbeiter*innen müssen unter prekären Bedingungen arbeiten und verdienen so nur etwa 50 Cent am Tag, was deutlich unter dem togolesischen Mindestlohn liegt. Dabei hat Heidelberg Materials 2022 einen Umsatz von 21,1 Milliarden Euro gemacht. Wenn Arbeitskräfte protestieren, werden sie entlassen oder bedroht. Auch kritische Journalist*innen, die über die Arbeitsverhältnisse berichten wollten, wurden bedroht und eingeschüchtert. [8, 13]

Mit der togolesischen Diktatorfamilie steht Heidelberg Materials seit Jahrzehnten in Verbindung und handelt Deals mit ihr aus. Heidelberg Materials als wichtigster Auslandsinvestor mit guten Kontakten zur diktatorischen Regierung hat so viel Macht über das Land und trägt zur Armut und Unterdrückung bei. Dass der togolesische Diktator teilweise mit dem Militär gegen Proteste vorgeht, scheint Heidelberg Materials egal zu sein. [11, 12]

Die Tochterunternehmen von Heidelberg Materials verursachen in Togo Umweltzerstörungen und -verschmutzung. Viele Anwohner*innen verlieren so ihre Lebensgrundlagen und Landwirtschaft – von der viele Togoles*innen abhängig sind – wird unmöglich. Wenn Menschen dann umsiedeln müssen, geschieht das oft auf eigene Kosten und Entschädigungen von Heidelberg Materials gibt es nur selten.

Um Steinbrüche zu erweitern, werden Bäuer*innen ohne Entschädigung enteignet und vertrieben oder Land wird aufgekauft ohne die Besitzer*innen ausreichend zu bezahlen und zu informieren. FPIC Prinzipien (diese sollen bewusste und eigenständige Entscheidungen ermöglichen) werden missachtet und Raubbau betrieben, oft werden dabei auch heilige Stätten und Gräber zerstört.
So fügt Heidelberg Materials dem Land große wirtschaftliche und kulturelle Verluste zu. [9 – 12]

III. CO₂ Ausstoß

Während jede*r RWE kennt, ist der zweitklimaschädlichste Konzern im DAX deutlich unbekannter. Dabei ist es mit Heidelberg Materials ein Konzern, der hier direkt vor unserer Haustür sitzt. Im Jahr 2022 war allein der Mutter-Konzern für den Ausstoß von 70.7 Mio. Tonnen CO₂ verantwortlich. [14]

Ein Modell von right. based on science GmbH zeigt, dass sich die Erde bis 2050 um ca. 10,7°C erhitzen würde, wenn alle Unternehmen so emissionsintensiv wirtschaften würden wie Heidelberg Materials. [15, 16]

Doch warum stößt Heidelberg Materials eigentlich so viel CO₂ aus? Die Herstellung von Zement ist extrem klimaschädlich. Sie ist für ca. 8% der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. [17] Alleine durch die Herstellung von einem Kubikmeter Stahlbeton plus des darin befindlichen Stahls werden im Durchschnitt 320 bis 340 Kilogramm CO₂ emittiert. Dies entspricht der Menge an CO₂, die 4000 Bäume an einem Tag aufnehmen können. [18] Die Herstellung von einer Tonne Zement verursacht bei Heidelberg Materials 586 kg CO₂. [14] Dafür gibt es zwei Gründe: Die Produktion ist extrem energieintensiv: Wenn die Zementöfen fossil geheizt werden, sorgt allein dies für große Mengen an Treibhausgasemissionen. Dies wäre durch erneuerbare Heizenergie vermeidbar. Der größte Teil der Emissionen wird allerdings bei der Verarbeitung von Kalkstein zu Klinker freigesetzt. Dieser chemische Prozess ist weltweit für circa die Hälfte der Emissionen der Zementindustrie verantwortlich. Diese Emissionen sind nur durch chemische Änderungen des Baustoffs oder weniger Betonverbrauch zu reduzieren. [17, 19]

IV. CCS und CCU

Das von Heidelberg Materials verursachte CO₂ entsteht vor Allem durch eine chemische Reaktion bei der Zementherstellung. Diese Emissionen kann man also nur dadurch verringern, dass weniger Zement hergestellt wird. Dies ist möglich, die Alternativen gibt es. Diese werden wir euch noch vorstellen. Dadurch wäre es möglich, dass wir mit einer deutlich geringeren Menge an Zement auskommen. Leider setzen die Pläne von Heidelberg Materials für die Reduktion ihrer Emissionen aber vor allem auf CCS (und CCU). Diese Technologien haben durchaus Potential, aber wir halten die Strategie von Heidelberg Materials dennoch für ungeeignet.

Aber was bedeuten CCS und CCU eigentlich? CCS steht für Carbon Capture and Storage (Abscheidung und Speicherung von Kohlenstoff) und CCU für Carbon Capture and Utilization (Abscheidung und Nutzung von Kohlenstoff). Das CO₂ wird dabei aus der Atmosphäre oder direkt an der Quelle abgeschieden, aufbereitet, komprimiert und dann entweder im Untergrund eingelagert oder weitergenutzt. [20, 21] Bei der Verwendung von CCU landet das zunächst abgeschiedene CO₂ durch die Nutzung oftmals wieder in der Atmosphäre. Wird CCU für die Herstellung von Treibstoffen oder Heizgas verwendet, entstehen durch die Nutzung Emissionen. Um CCU zur effektiven Entfernung von CO₂ aus der Atmosphäre zu nutzen, muss sichergestellt werden, dass aus dem abgeschiedenen CO₂ langlebige Materialien hergestellt werden. [22]

CCS und CCU können also bei der Bekämpfung der Klimakrise helfen. Wo ist dann das Problem? Zunächst einmal sind die Projekte, die Heidelberg Materials bislang plant, im Vergleich zu den enormen CO₂-Emissionen wenig effektiv. So soll das erste CCS-Projekt des Konzerns 2024 in Brevik in Norwegen in Betrieb gehen. Nach Angaben des Konzerns soll dies 400 Tausend Tonnen CO₂ pro Jahr abscheiden. Dies entspricht gerade einmal knapp 0,6% der Emissionen des Konzerns. [23]

Um alle Emissionen auszugleichen, müsste der Konzern also noch ca. 175 gleichartige Anlagen bauen und betreiben. Und das ist problematisch, da die Technologie nicht einfach skalierbar ist. Das liegt zum einen daran, dass noch nicht endgültig geklärt ist, ob die Speicherung im großen Stil langfristig möglich und sicher ist. Außerdem benötigt die Abscheidung sehr viel Energie. [24]
Für die Bekämpfung der Klimakrise muss der Fokus auf radikaler Emissionsreduktion liegen. Das wurde zu lange verschleppt, weshalb sichere CCS und CCU Technologien notwendig sind. So sagt Prof. Dr. Ottmar Edenhofer, Direktor und Chefökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung: “Für das Erreichen der Pariser Klimaziele ist die aktive Entnahme von CO₂ aus der Atmosphäre unabdingbar, deshalb sehe ich bei CO₂-Speicherung großes Potenzial.” [25] Dies zeigt, wie dringend die Nationen, die bisher am meisten zur Klimakrise beitragen, ihre Emissionen reduzieren müssen. Für die Emissionen, die wirklich nicht vermeidbar sind, ist CCS eine gute Lösung. Heidelberg Materials arbeitet allerdings nur wenig an der Reduktion und präsentiert CCS als Ausgleich dafür. In unseren Augen ist dies Greenwashing. Sie haben kein Interesse an einer klaren Reduktion ihrer Emissionen, sondern wollen ihr bisheriges Geschäftsmodell unter allen Umständen erhalten.

V. Westsahara

Heidelberg Materials und der Völkerrechtsbruch in der Westsahara: Heidelberg Materials kontrolliert über die marokkanische Tochtergesellschaft Ciments du Maroc zwei Zementfabriken in der Westsahara. Die Westsahara war bis 1975 spanische Kolonie und wird seitdem völkerrechtswidrig von Marokko besetzt. Eigentlich gehört das Land den Sahrauis, dem Volk der Westsahara. Deren Proteste werden vom marokkanischen Militär gewaltsam unterdrückt, auch gegen Menschenrechtsaktivist*innen wird vorgegangen. Seit der marokkanischen Besetzung musste die Hälfte der Bevölkerung fliehen, ca. 200.000 Sahrauis leben in Flüchtlingslagern in Algerien. [26]

Die beiden Zementfabriken der Tochtergesellschaft von Heidelberg Materials wurden von der marokkanischen Regierung genehmigt, ohne die Zustimmung des Volkes der Westsahara bzw. deren Vertretung Frente Polisario. Das Unternehmen betrachtet Marokko als die zuständige Behörde auf dem Gebiet. [27] Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 29. September 2021 alle die Westsahara einschließenden Handelsabkommen zwischen der EU und Marokko annulliert, da diese ohne die Zustimmung des Volkes der Westsahara dessen Selbstbestimmungsrecht verletzen. Das Gericht betonte, dass die Zustimmung der Frente Polisario für solche Abkommen notwendig ist. Heidelberg Materials marokkanische Tochtergesellschaft macht jedoch weiterhin Profite in der Westsahara, ohne die Frente Polisario um Erlaubnis gefragt zu haben. [28, 29] Die Zementfabriken liefern dabei vermutlich das Grundmaterial für Marokkos fortwährende Siedlungspolitik in der Westsahara. Nach Ansicht der wissenschaftlichen Dienste des Bundestages begründet diese Siedlungspolitik ein Kriegsverbrechen. [29]

VI. Trump

Ende 2016 gewann Donald Trump die Wahl zum US-Präsidenten. Eines seiner Wahlkampfversprechen war die Erweiterung der Mauer zwischen Mexiko und den USA. Darüber hat sich Bernd Scheifele, der damalige Vorstandsvorsitzende von Heidelberg Materials (damals noch HeidelbergCement) gefreut. So sagte er, eine solche Mauer werde “nicht aus Holz gebaut, sondern aus Zement”. Heidelberg Materials könne als Lieferant in Texas und Arizona vom Mauerbau profitieren. [30]

Für diese Profitchancen hat Heidelberg Materials Donald Trump im Wahlkampf kräftig unterstützt. Auch wenn der Konzern aufgrund amerikanischer Regulationen dafür den Umweg über ein so genanntes PAC nehmen musste, wurden für den Midterm Wahlkampf 2018 94% der 118.000 Dollar von Heidelberg Materials an Trumps Republikaner gespendet [31]. Auch im Wahlkampf zur Präsidentschaftswahl 2016 floss viel Geld von Heidelberg Materials an Donald Trump [32].

VII. Indonesien

Heidelberg Materials betreibt in Indonesien die Tochterfirma Indocement, die wiederum mehrere Tochterfirmen betreibt. Obwohl der Konzern in Indonesien schon mehrere Zementwerke hat, soll ein weiteres Zementwerk und eine Kalksteinmine im Kendeng-Gebirge auf der Insel Java gebaut werden. Das Kendeng-Gebirge ist ein seltenes Karstgebirge, das eigentlich unter Schutz steht und von dem viele sensible Ökosysteme und die ansässigen indigenen Gemeinden und Bäuer*innen abhängig sind. Die indigenen Samin-Gemeinden haben dem Konzern nie ihre Zustimmung für den Abbau der Rohstoffe und für das Zementwerk gegeben. Heidelberg Materials verstößt damit gegen die FPIC-Prinzipien der UN, laut denen indigene Gemeinden freiwillig, vorab und in Kenntnis der Sachlage ihre Zustimmung geben müssen. [33]
Die lokale Bevölkerung leistet seit Jahrzehnten Widerstand und demonstrierte schon vor der deutschen Botschaft in Indonesien, vor Heidelberg Materials und vor dem indonesischen Präsidentenpalast. Mehrfach zementierten sich einige Demonstrant*innen sogar die Füße ein und demonstrierten so tagelang. [33]
Würde Indocement die Pläne so durchführen, würden mindestens 35.000 Menschen Zugang zu Wasser verlieren, Lebensmittelknappheit, Überschwemmungen, Dürren und unfreiwillige Umsiedlungen wären weitere Folgen. Zudem würden spirituelle Stätten der lokalen Bevölkerung und Ökosysteme, die der Lebensraum seltener Tier- und Pflanzenarten sind, zerstört, die lokale Bevölkerung marginalisiert, irreversible Umweltzerstörungen angerichtet und Existenzgrundlagen gefährdet. Die Tochterfirma von Heidelberg Materials würde also Menschenrechte verletzen. [34, 35, 36]
Obwohl das Gebirge unter Schutz steht und Gutachten davor warnen, dort Rohstoffe abzubauen, hat Indocement eine Genehmigung dafür bekommen. Das ist durch den starken Einfluss der Zementlobby auf die Politik zu erklären, weshalb die Rechtmäßigkeit der Genehmigung von Anwält*innen angezweifelt wird. [33, 34]

Indonesische Gemeindevertreter*innen haben 2020 eine OECD-Beschwerde gegen Heidelberg Materials bei der deutschen Bundesregierung eingelegt. Diese sind dafür da, unrechtmäßige Umweltzerstörungen und Menschenrechtsverletzungen multinationaler Konzerne zu unterbinden. Leider ist das Verfahren allerdings oft unwirksam und Rechtsverletzungen der gemeldeten Konzerne werden nur selten gestoppt. Ebenso bei Heidelberg Materials. Der Konzern will seine Pläne nach der Beendigung des Verfahrens nun unverändert fortsetzen. [33]
Die Aktivist*innen, die gegen das Vorhaben kämpfen, und Landbesitzer*innen werden immer wieder bedroht und müssen Repressionen fürchten. Außerdem übt der Konzern und die lokale Polizei so viel Druck auf die Anwohner*innen aus, dass es innerhalb der Gemeinde inzwischen Spannungen und Konflikte gibt. [37]

VIII. Alternativen zu Zement

Während die Menschenrechtsverletzungen und Völkerrechtsbrüche durch Heidelberg Materials vermeidbar sind, wird durch eine chemische Reaktion bei der Zementherstellung zwingend CO2 freigesetzt [38]. Deshalb ist es wichtig, dass wir als Gesellschaft die benötigte Zementmenge stark reduzieren.

Ein wichtiger Beitrag dafür ist, dass wir weniger neue Gebäude bauen sollten. Das mag beim aktuellen Mangel an bezahlbarem Wohnraum zunächst komisch klingen, aber es gibt einige Sparmaßnahmen, die diesen Mangel nicht verschärfen. So spart die energetische Sanierung von bereits bestehenden Gebäuden im Vergleich zu deren Abriss und anschließendem Neubau Ressourcen und CO2 ein. Das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie kommt zu dem Schluss, dass schon allein die Entsorgung aller Bestandteile eines abgerissenen Gebäudes umweltschädlicher ist als eine Sanierung. Selbst, wenn sanierte Gebäude bis 2070 weiterhin mit Erdgas ihren Wärme- und Warmwasserbedarf abdecken würden, überstiege der ökologische Fußabdruck der Sanierung erst am Ende des Betrachtungszeitraums
im Jahr 2070 den ökologischen Fußabdruck des Neubaus [39]. Deshalb sollte eine Sanierung (optimalerweise inkl. Einbau einer klimafreundlichen Heizung, falls noch nicht vorhanden; durch das neue Gebäudeenergiegesetz ist sowieso festgelegt, dass kaputte Heizungen durch klimafreundliche ersetzt werden sollen) Abriss und Neubau vorgezogen werden, wann immer es möglich ist.

Außerdem sollten wir den bereits vorhandenen Wohnraum besser nutzen. Die durchschnittliche Wohnfläche pro Person steigt seit Jahren kontinuierlich. Im Jahr 2021 lag sie in Deutschland bei 47,7 m². Ein Grund dafür ist, dass Eltern nach Auszug der Kinder oft in der großen Familienwohnung bleiben [40]. Natürlich möchten wir niemanden zwingen, aus einer zu großen Wohnung auszuziehen, wenn er oder sie das nicht möchte. Allerdings sollten Anreize dafür geschaffen werden, um den nicht benötigten Wohnraum effizienter zu nutzen. Es sollte nicht passieren, dass Menschen nicht in eine kleinere Wohnung ziehen, weil sie dann mehr Miete bezahlen würden als bisher. Ein weiterer Lösungsansatz ist flexibel nutzbarer Wohnraum, bei dem frei werdender Wohnraum abteilbar ist [41].
Darüber hinaus hat der Mikrozensus 2018 ergeben, dass zum Zeitpunkt der Erhebung 8,2% der Wohnungen in Deutschland nicht bewohnt waren (Anmerkung: Beim Mikrozensus wurden auch Wohnungen gezählt, die zwar nicht bewohnt, aber vermietet waren) [42]. Eine effektive Bekämpfung von Leerstand sorgt dafür, dass weniger neue Gebäude gebaut werden müssen.
Große Konzerne wie Heidelberg Materials haben Interesse an Neubau, da sie damit am meisten Profit machen können. In unserem Wirtschaftssystem sind sie darauf angewiesen, jedes Jahr mehr zu profitieren und damit mehr zu bauen. Deshalb unterstützen sie die oben genannten Möglichkeiten nicht.
Auch beim Bau von Gebäuden ist es möglich, die Menge an benötigtem Zement zu reduzieren. Dafür eignen sich z.B. Flach- oder Hohldecken, Graduiertenbeton (Betonzusammensetzung variiert über den Querschnitt eines Bauteils) oder Carbonbeton (Verwendung von Carbonfasern anstelle von Stahl ermöglicht bei gleicher Tragfähigkeit die Einsparung von bis zu 50% des Betons) [43]. Es gibt auch alternative Baustoffe, die ganz ohne Zement auskommen. Lehm ist z.B. ein natürlicher, ungiftiger und langlebiger Baustoff, der gut Wärme speichert. Durch Zusatz von Holz oder Stroh speichert Lehm Wärme sogar noch besser [44].

Neben Lehm kann auch Holz eine Rolle beim Bauen von klimafreundlichen Gebäuden spielen. Holz kann als nachwachsender Rohstoff sogar CO2 speichern. Allerdings ist es wichtig, dass das verwendete Holz aus nachhaltig bewirtschafteten und möglichst regionalen Wäldern stammt [45, 46].
Trotz all dieser Möglichkeiten werden wir als Gesellschaft wohl auch in Zukunft nicht komplett ohne Zement auskommen. Für die unvermeidbaren Restemissionen kann CCS eine gute Lösung sein. Die Reduktion des benötigten Zements muss allerdings an erster Stelle stehen. Heidelberg Materials produziert dennoch weiterhin große Mengen an Zement und versucht dies mit dem Bau von CCS-Anlagen zu beschönigen, die nur einen Bruchteil der CO2-Emissionen des Konzerns ausgleichen können [47].